Die Zukunft des Schachvereins





Autor: Damien Peteani


Eine Entschuldigung vorweg: Mein letzter Artikel ist laaange her. Vielleicht denkt der Ein oder Andere auch: Oh, nein! Warum macht er nicht einfach etwas, was er besser kann. Na, ja. Dann dürfte ich auch kein Schac spielen.Ich habe viel Zeit mit gebracht. 2 künstliche Hüften. Krank bis mindestens ende Februar. Also mal schauen, wer als erstes nicht mehr kann. Die Augen des Lesers oder meine Finger. Ach und vorweg: Danke, es geht mir gut.

Die Überschrift klingt eventuell etwas reißerisch (nennt man heute clickbait -"Klickköder"). Gemeint ist damit eine grundsätzliche Frage über die Zukunft und die Bedeutung des Schachvereines.  Inspiriert hat mich ein  Artikel auf chess24.com1 . 2006 war laut der Seite des Deutschen Schachbundes der Höhepunkt mit 97.000 Mitgliedern erreicht. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Internet auch noch interessanter und viele Portale zum spielen und trainieren gingen online. Aktuell sind es etwas über 89.000. Der Abwärtstrend wäre gestoppt da es erstmals 80 Mitglieder mehr als im Vorjahr sind. Da hat dem DSB und somit auch den Vereinen aber auch die Zuwanderung geholfen. Ich glaube das Problem ist ein grundsätzliches: Wie kann sich der Verein behaupten im Kampf gegen das Internet? Muss er sich überhaupt behaupten? 

Die Mitglieder beim Schach sind bundesweit auf einem Niveau mit Rudern. Die größten Zuläufe hat das Boxen, Jiu Jitsu, Billiard, Dart und der moderne Fünfkampf mit Wachstum zwischen 6-7 Prozent. Große Verluste hat das Volleybal und der EIsschnelllauf (4 bzw. 11 Prozent) . Minigolf, Kegeln und Gewichthebe verlieren über 3 Prozent2. Ein Trend scheint klar zu sein: Es verlieren die Sportarten die man selbst im Fitnesscenter ausüben kann oder die extrem viel Zeit kosten. Mein Schwager spielt Volleyball. Heimspieltage dauern zwischen 5-7 Stunden (ok sind dann aber 2 Spiele-gibt auch Hin-und Rückrunde).  Schach hat durch das Internet einen Konkurrenten bekommen, wie es sonst bei keiner anderen Sportart der Fall ist. Es scheint mehrere Probleme zu geben, deren Lösung leider auch teilweise außerhalb der Vereine zu finden ist:

1. Die sehr lange Dauer einer Partie (Kostet fast den kompletten Sonntag) Es geht den Verteidigern dieser Bedenkzeitregelung immer um die Qualität des Spiels. Ich glaube es ist eher die Angst vor dem Neuen

2. Ehrenamtliche: Es wird immer schwerer Leute für eine Aufgabe zu gewinnen. Es wird oft mit mangelnder Zeit begründet. Laut Staistik haben die Deutschen die 2. meiste Freizeit in Europa mit 27,4 Prozent3.  Die Freizeit wird laut der Süddeutschen Zeitung mit "Glotzen und Gammeln" verbracht. Die Zeitung führt fort: "Einer Studie zufolge haben die Menschen in Deutschland nach Abzug von Arbeitszeit und dem zeitlichen Aufwand für Putzen, Kochen und Kinder-Versorgen noch fast vier Stunden pro Werktag Freizeit übrig"4

3. Das folgt aus dem Vorherigen: Weniger Lust auf soziale Kontakte. "Die Welt" titelt dazu:"Den großen Diskotheken laufen die Kunden davon". Die Kunden wollen lieber in Szenekneipen. Einfach Musik und Drinks reichen nicht mehr. Es muss im Trend sein. "Die Welt" spricht von einer "Ausgehmüdigkeit"Daraus folgt der letzte Punkt.

4. Einfach Schach spielen reicht nicht mehr. Das Mitglied ist anspruchsvoller geworden. Es muss hart um Ihn gekämpft werden. Gegen andere Vereine. Gegen die Unlust des sich ständig Wiederholenden. Gegen das Internet.

Ich habe einige Schachvereine gesehen und kann sofort erkennen wie es um Sie steht. Als wir ein Spiel in Goldstein hatten, spielten wir gegen 8 Leute jenseits der 70. Es gab 15 Mitglieder, keine Jugendarbeit, das Spiellokal hatte den Charme der 70er Jahre. 1 Jahr später machte der Verein zu. Das Schachspiel muss sich verändern, wenn der Verein eine Zukunft haben soll. 

1. Die Bedenkzeit muss sich dem Trend des 21. Jahrhunderts anpassen. Eine Spielzeit von mehr als 4 Stunden sollte vermieden werden. Die FIDE  bzw. eher St.Louis chessCentral mit dem Geldgeber Rex Sinqiefield machen das auf Profiebene. Die Bedenkzeit wird verändert, es werden andere Modelle ausprobiert. Die FIDE  dagegen lässt jetzt mit inkrements spielen (Zusätzliche Bedenkzeit pro Zug). Somit haben die Partien gar kein Limit mehr. Es ist gut, dass der Main-Taunus Kreis diese Regelung auf niedriger Ebene abgelehnt hat.  

2. Schach kann nicht in Konkurenz treten zum Internet. Geschlossene Mitgliederbereiche, wo dann gespielt werden kann, machen meiner Meinung nach keinen Sinn. Ähnlich wie bei der Konkurrenzsituation zwischen lokalen Geschäften und dem Onlinehandel, müssen die lokalen Geschäfte zusammen auftreten. Jeder Schachverein kocht sein Süppchen. Warum nicht regional einen Tag der Schachvereine ausrichten? Warum gibt es vom DSB  keine Unterstützung für die kleinen Vereine? Warum nicht Partien gegeneinander als Verein online spielen? Natürlich gibt es hier Hindernisse zu überwinden. Aber auch der Schachsport muss mit der Zeit gehen: Tischtennis vergrößert die Bälle und Verkürzt die Zählweise um die Sätze spannender zu machen. Fußball holt den Videobeweis, Basketball ändert die Timeouts und  die Shot clock. Thorben Meier und Sascha Bembennek schreiben in Ihrem Buch "Beziehungsmanagement im Sportsponsoring? Eine Analyse der Beziehungsqualität", dass 56,5 Prozent der Vereine meinen, dass die Regeln des Verbandes die Verbreitung der Sportart behindern.6

3.Bindungen im Verein: Ein wichtiger Punkt. Die persönlichen Beziehungen innerhalb des Vereines müssen gestärkt werden. Der Vereinsabend ist eigentlich keinn  Vereinsabend. Auch kein Schachabend. Sondern ein Abend an dem man kommen kann um Schach zu spielen, einen Kaffee zu trinken. Ein gutes Schachbuch zu lesen oder sich mit jemanden einfach zu unterhalten. Das Mitglied muss nicht zwangsweise Schach spielen.  Es entscheidet selbst. Freizeiten und Familienausflüge tun Ihr übriges, damit der Verein lebt. Deshalb heißt unser Motto auch: Weil es zusammen viel mehr Spaß macht.

Der Schachverein wird immer als Dienstleister gesehen. Das Mitglied hat Erwartungen und will diese erfüllt haben: Freizeit, Anruf am Geburtstag durch den Vorstand, gutes Schachtraining, Einsatz neuer Medien, Anerkennung. Bekommt er das nicht geht die  Reise weiter und ein anderer Verein streicht die 5 Euro monatlich ein (bei Kindern 2,50 Euro). Es geht um  die Grundbedürfnisse des Menschen. Nicht alle können erfüllt werden, aber wir müssen mit der Zeit gehen. Was der Gottesdienst für die Gemeinde ist der Vereinsabend für den den Schachverein. Ein Spiegelbild des Lebens.  Zwischen Stappenmethode, Tigersprung und Endspielschule freut sich der Mensch, dass man Ihn herzlich Willkommen heißt.


Über Ihre Meinung würde ich mich sehr freuen. Gerne in Kommentare oder an damien.peteani@gmail.com



Quellen:
1chess24.com/de/community/allgemeine-schachecke/schachvereine-sterben-aus
2http://www.dosb.de/fileadmin/sharepoint/Materialien%20%7B82A97D74-2687-4A29-9C16-4232BAC7DC73%7D/Bestandserhebung_2017.pdf
3https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37072/umfrage/freizeitanteil-an-einem-durchschnittlichen-tag-in-der-oecd-nach-laendern/
http://www.sueddeutsche.de/panorama/studie-zu-freizeit-glotzen-und-gammeln-1.2542513
https://www.welt.de/wirtschaft/article143529525/Warum-die-Grossraum-Disko-dem-Untergang-geweiht-ist.html
6
https://books.google.de/books?isbn=3832477314
















































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